Bei der jüngsten Frühlingsausfahrt des Leibnitzer Oldtimer-Club waren dieser Tage die Leibnitzer Oldtimerfreunde in ihren alten Automobilen auf den Spuren von Erzherzog Johann in der einstigen Untersteiermark/Spodnja Stajerska unterwegs.
Unter der kompetenten und historisch versierten Reiseleitung der Vereinsmitglieder Franz und Ernest unternahmen die Südsteirer eine spannende Zeitreise in die Vergangenheit. Erstes Etappenziel war das um 1820 von Erzherzog Johann erworbene Musterweingut Pickern bei Marburg, das nun als Weingut Meranovo bekannt ist und wo der Steirische Prinz eine Landwirtschaftsschule eingerichtet hat. Dort wurden und werden bis dato weit über 400 Rebsorten kultiviert, um herauszufinden, welche davon sich für die Region am besten eignen.
Musterweingut für modernen Weinbau

Der innovative Habsburger brachte neue Rebsorten, wie etwa den Rheinriesling, ins Land und modernisierte den steirischen Weinbau ganz entscheidend. Aktuell gehört das Gut Meranovo zur Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Maribor.
Im Zuge der Besichtigung und Vermittlung historischen Hintergründe kamen die Südsteirerinnen und Südsteirer in den Genuss einer Weinprobe dreier Weine im Weinkeller und genoss ein traditionelles Mittagessen in der gutseigenen Gaststätte von Meranovo.
Vom Weinberg in die Stadt an der Drau

Danach ging es für die geschichtsinteressierten Oldtimerpiloten und deren Beifahrer vom Weinberg in die heutige Stadt Maribor, während der Monarchie Marburg an der Drau, heute die zweitgrößte Stadt Sloweniens. Hier begann für vieler bekannte Persönlichkeiten wie Feldherr Admiral Tegetthoff, Dirigent Max Schönherr, Filmschauspielerin und Opernsängerin Elfie Mayerhofer oder die Schriftsteller Rudolf-Hans-Bartsch, Ottokar Kernstock oder Max Mell eine große Karriere, waren sie doch alle geborene Marburger. Aber auch Robert Stolz ist mit dieser Stadt eng verbunden gewesen, fand er doch seinerzeit seine erste Anstellung als Kapellmeister und Dirigent am Stadttheater.
Aktiver Kulturverein

Beim „Kulturverein Deutschsprachiger Frauen – Brücken“ in der Färbergasse wurde die Leibnitzer Abordnung freudig von der engagierten Obfrau Veronika Haring willkommen geheißen. Von ihr erfuhren die Zeitreisenden, dass der Verein im Jahre 2000 mit dem Ziel gegründet worden war, die sprachlichen, ethnischen und kulturellen Merkmale deutschsprachiger Einwohner Sloweniens zu erhalten, vor allem aber die bis heute vom slowenischen Staat verweigerte Anerkennung der Deutschen als Minderheit Sloweniens zu erreichen. „Die Deutschen sind in ganz Europa in allen Nachfolgestaaten der Monarchie mit Ausnahme von Slowenien als Minderheit anerkannt. Es ist zynisch die Anerkennung als Minderheit mit dem Hinweis auf die heute nur mehr sehr kleine Anzahl von Deutschen in Slowenien zu verweigern“, erinnerte Haring mit Bedauern.
Hugo-Wolf-Chor im Hugo-Wolf-Saal
Bemerkenswert ist, dass Mitglieder des Marburger Kulturvereins auch kulturell und gesanglich sehr aktiv im Kammerchor „Hugo-Wolf“ tätig sind. Diesbezüglich fanden auch bereits Vorgespräche mit LeibnitzKULT. Obfrau Vizebgm. Helga Sams mit dem Ziel statt, im Hugo-Wolf-Saal des Kulturzentrums Leibnitz einen Auftritt des Marburger Kammerchors „Hugo-Wolf“ zu organisieren.
Historischer Spaziergang durch die Innenstadt

Der Name Marburg geht auf eine im Jahr 1164 erwähnte Markburg oder Marchburg zurück, die der Siedlung den Namen gab.Die Stadtführung durch die Marburger Innenstadt, die am Fuße des Bacherngebirges (Pohorje) und Nahe der Windischen Bühel (Slovenke Gorice) liegt, begann am Hauptplatz vor dem Rathaus. Der Weg führte hinunter an die Drau zur alten Rebe, weiter zum Domplatz und zur Marburger Domkirche (wo schon Papst Johannes Paul II zu Besuch war) und zum Stadttheater und der einstigen Post, in die Herrengasse (wo es einst auch ein stattliches Hotel-Erzherzog-Johann gegeben hat) und zur Burg. Maribor ist seit dem Jahr 1962 auch ein römisch-katholischer Erzbischofssitz und hat seit 1975 auch eine Universität.
„Marburger Blutsonntag“
Als Folge des Ersten Weltkrieges und der Niederlage der k.u.k. Doppelmonarchie änderte sich die Landkarte ganz wesentlich. Das seit 1180 bestehende Herzogtum Steiermark zerfiel in die österreichische Steiermark und in die slowenische Štajerska. Um den Grenzverlauf entbrannte ein heftiger Streit zwischen den Nachfolgestaaten.
Da die neu gegründete Republik (Deutsch-)Österreich nach dem Ersten Weltkrieg das überwiegend deutschsprachige Gebiet von Marburg und Umgebung beanspruchte, war für den 27. Januar 1919 der Besuch einer US-amerikanischen Delegation unter der Führung von Colonel Sherman Miles angekündigt worden. Die US-Coolidge-Kommission wollte sich selbst ein Bild von der ethnischen Situation in Marburg machen. Die deutschsprachige Bevölkerung von Marburg und Umgebung war daher vor dem Rathaus zusammengetroffen, um mit österreichischen und deutschen Fahnen für den Verbleib der Draustadt bei der deutschsprachigen Steiermark zu demonstrieren.
Am 27. Januar 1919, der übrigens ein Montag(!) war, wurden 13 deutsche Marburger, die auf dem Hauptplatz auf eine US-Friedensdelegation warteten und für Marburgs Zuordnung an die spätere Republik Österreich demonstrieren wollten, von Soldaten von General Maister erschossen. Es soll damals auch noch mehr als 60 Verletzte gegeben haben.
Als die Delegation dann tatsächlich beim Rathaus eintraf, war der Hauptplatz aufgrund des vorangegangenen Ereignisses menschenleer. Marburg wurde schließlich ohne Volksabstimmung und gegen den Willen der frei gewählten Gemeinderäte, Landtags- und Reichsratsabgeordneten als Teil der großteils slowenischen Untersteiermark dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (so genannter SHS-Staat, woraus später das Königreich Jugoslawien entstand) zugesprochen.
Mit der Benennung eines alten Kirchweges als Straße des 27. Jänner 1919 erinnert die Stadtgemeinde Leibnitz seit 1954 an dieses historische Datum. LEIBNITZ AKTUELL hat darüber im Erinnerungsjahr 2019, 100 Jahre nach dem „Marburger-Bluttag“, in einem Beitrag „Die Folgen des 27. Jänner 1919“ des Historikers Dr. Stefan Karner ausführlich darüber berichtet.
Historischer Stadtspaziergang

Beim Stadtspaziergang erfuhren die Teilnehmer interessante historische Details über Gebäude und Marburger Persönlichkeiten. So über die Familie Scherbaum oder, dass in Marburg bereits 1883 die erste Glühbirne leuchtete. Aber auch, dass der in Marburg an der Drau aufgewachsene Herman(n) Potočnik Noordung (1892 bis 1929) ein österreichischer Offizier, Elektrotechniker und Raumfahrttheoretiker war und als Pionier und Visionär der modernen Raumfahrt gilt.

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er bekanntlich laut dem deutschen Dichter Matthias Claudius was erzählen. „Drum nähme ich den Stock und Hut und tät das Reisen wählen“, hat er weiter gemeint. Das gilt ganz besonders für die Frühlingsausfahrt des Leibnitzer Oldtimer-Club zu unseren slowenischen Nachbarn, die ja bekanntlich 739(!) Jahre lang im seinerzeitigen Herzogtum Steiermark von 1180 bis 1919 gelebt haben und eine gemeinsame Geschichte mit uns Steirern teilen.