Mit dabei bei der Führung durch den Betrieb von Josef & Michael Muster in Nestelbach (Marktgemeinde Großklein): (stehend v.l.) KammersekretärJosef Fötsch, Referent Klaus Engelmann, Betriebswirtschaftsberater Wolfgang Meier, der Leibnitzer Kammerobmann Bgm. Christoph Zirngast und Rinder-Referentin Theresa Kaltenbrunner sowie (hockend) Michael Muster und die Deutschlandsberger Bezirksbäuerin Angelika Wechtitsch.
Unter dem Slogan „Wir säen deine Zukunft - Deine Steirischen Bäuerinnen und Bauern" möchte die Landwirtschaftskammer Steiermark während der Woche der Land- und Forstwirtschaft heuer landesweit Einblicke in die land- und forstwirtschaftliche Produktion geben.
Vielfältige Leistungskraft heimischer BäuerInnen aufzeigen
Ziel der aktuellen Woche der Land- und Forstwirtschaft vom 21. bis 28. Juli 2024 ist es, der Bevölkerung mit einem Blick hinter die Kulissen die vielfältige Leistungskraft der heimischen Bäuerinnen und Bauern aufzuzeigen. Vor allem in Hinblick auf technische Innovationen, digitalen Arbeitslösungen, Robotik, klimafreundlicher Wirtschaftsweise und immer wichtiger werdenden Biodiversitätslösungen.
„Wir zeigen wie die Land- und Forstwirtschaft tatsächlich ist, fernab von allgegenwärtigen idyllischen Werbespots, die sich in den Köpfen der Menschen fälschlicherweise hartnäckig halten. Konkret zeigen Bäuerinnen und Bauern auf ihren Höfen, wie sie neue technische Hilfen und Innovationen – etwa die Digitalisierung und Robotik – für eine wettbewerbsfähige, nachhaltige sowie umweltfreundliche Produktion und mehr Tierwohl nutzen“, betont Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher.
„Die rückläufige Zahl an Arbeitskräften in der Land- und Forstwirtschaft sowie der wirtschaftliche Druck – die Land- und Forstwirtschaft ist nicht in ruhigen Gewässern unterwegs – erfordern einen verstärkten Einsatz von neuen Technologien und Innovationen. So können Wettbewerbsvorteile erzielt werden – in der Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, im Umwelt- und Tierschutz“, ergänzt LWK-Vizepräsidentin Maria Pein.
Zwischnstopp in der Woche der Landwirtschaft bei Muster
Für die Bezirke Leibnitz und Deutschlandsberg waren die regionale Presse und mehrere VertreterInnen der Landwirtschaftskammer auf dem Familienbetrieb von Josef und Michael Muster nach Großklein eingeladen, um sich von Michael Muster durch den auf Rindermast spezialisierten Betrieb führen zu lassen.
Begrüßung durch Leibnitzer Bezirkskammerobmann
"Vater Josef und Sohn Michael Muster führen einen vielfältigen Betrieb, der neben der Urproduktion auch die wichtige Energiewirtschaft als Energiewirte und Energieversorger in Form einer Erneuerbaren Energiegemeinschaft! betreiben", begründete der Leibnitzer Kammerobmann Bgm. Christoph Zirngast, warum die Wahl für den Betriebsbesuch auf die Landwirtschaft von Familie Muster gefallen ist.
"Früher war ich am Betrieb noch mühsam mit Schaufel und Scheibtruhe unterwegs. Heute gibt es nur mehr wenig Handarbeit am Hof. Für das Futter gibt es eine Mischanlage!", so der Land- und Energiewirt Michael Muster, der sich auf die Kalbinnen-Mast spezialisiert hat.
Der Leibnitzer Kammersekretär Josef Fötsch berichtet, dass in Stallungen wenig investiert werde, weil es (Rechts-)Unsicherheiten gäbe, wie es mit der Landwirtschaft weiter gehe. "Keiner weiß wirklich, was er machen soll! Bei Neubauten und Erneuerungen tut sich nichts. Es ist zu befürchten, dass es schon in zehn Jahren keine Schweinebetriebe in der Region mehr geben könnte!", so Fötsch.
"Seitens der Landwirtschaftskammer sind wir bestrebt, Landwirte mit Förderprogrammen für tierfreundliche Ställe zu unterstützen. Bei uns in Großklein haben in der Vergangenheit doch einige Landwirte neue Stallungen gebaut", ergänzt der Leibnitzer Bezirkskammerobmann Bgm. Christoph Zirngast.
Mit dabei beim Betriebsbesuch in Nestelbach war u.a. auch Fachberaterin Theresia Fastian von der Bezirkskammer Weststeiermark.
Eine Führung durch den Musterbetrieb
"Wir haben die Stallungen und den Betrieb 2019 umgebaut und vermarkten unsere Tiere über das AMA-Murbodner Kalbinnen Programm für SPAR. Für unseren Kalbinnen-Mastbertrieb brauchen wir in den Stallungen für unsere aktuell 115 Kühe, vor allem der Rasse Murbodner, Fleckvieh und Kreuzungen, zum Einstreuen jährlich 200 Strohballen, die wir zukaufen", berichtet Hausherr Michael Muster, in dessen Betrieb es 24 Stunden lang ruhig im Vergleich zu einem Schweinestall ist.
"Die Flächen werden meist nur mehr zweimal gemäht, weil es an Verbrauchern fehlt. Da stellt sich die Frage, was man einmal mit den vielen Flächen machen soll, wenn kein Heu mehr gebraucht wird", ergänzt Bezirkskammerobmann Bgm. Zirngast.
Von einem "teuren Hobby" spricht Kammersekretär Fötsch, wenn er erzählt, dass allein das Pressen der Siloballen 22 bis 25 Euro pro Ballen kostet.
Die Landwirtschaft von Vater und Sohn Muster ist ein relativ großer Betrieb, von denen nicht mehr viele übrig geblieben sind. "Ich habe zunächst Schlosser bei Umdasch in Leibnitz gelernt. Da ich Freude an der Arbeit zu Hause gefunden habe, bin ich in den Betrieb meines Vaters eingestiegen, den ich übernehme, weil er nächstes Jahr in Pension gehen wird!", so Michael Muster.
Landwirt und Energiewirt
Der Landwirt hat sich als Energiewirt ein zusätzliches Standbein geschaffen. "Wir haben zunächst mit einer kleineren Photovoltaik-Anlage begonnen. Jetzt mit der neuen Anlage kommen wir auf eine Leistung von 250 KWp, was einem Stromverbrauch von etwa 60 bis 70 Einfamilienhäusern entspricht", erläutert Muster. Bei der Energiegemeinschaft gebe es zurzeit jedoch zurzeit noch Schwierigkeiten mit den steirischen Smart-Metern, die noch nicht in der Lage wären, alle 15 Minuten den Verbrauch eines Abnehmers wirklich anzuzeigen. Die Datenübertragungsprobleme müssten erst gelöst werden, um Betriebe und Einfamilienhäuser mit Strom aus der Muster-PV-Anlage zu versorgen. Ob sich die PV-Anlage wirklich rechne, so Muster, könne er aktuell nicht sagen, weil der Abnahmepreis von früher knapp 10 Cent pro Kilowattstunde auf mittlerweile nur mehr 4,7 Cent für das Einspeisen ins Netz gefallen ist. Wahrscheinlich würde er, so Muster, wenn er heute vor der Entscheidung stünde, eine PV-Anlage zu errichten, es "jetzt nicht mehr tun!"
Was allerdings bereits sehr gut funktioniert ist das Großkleiner Heizwerk, an das neben Familie Muster noch fünf weitere Landwirte Hackschnitzel liefern. Neben der Marktgemeinde Großklein sind die sechs Bauern Gesellschafter des Unternehmens, dass das Großkleiner Heizwerk betreibt.
LWK-Referent für Energie, Klima und Bioressourcen
"Aktuell ist bei sinkenden Einspeisungstarifen eine Energiegemeinschaft interessant, zumal dafür auch entsprechende Dachflächen in landwirtschaftlichen Betrieben vorhanden sind. Es macht Sinn, dass sich Landwirte in der Region als Energiewirte ein zusätzliches Standbein schaffen. Allerdings dauert es, bis man damit zum Fahren kommt! Es sind auch Abnehmer notwendig, die tagsüber Strom aus PV-Anlagen abnehmen!", weiß Referent Klaus Engelmann von der Landeskammer für Land-und Forstwirtschaft, der weiterhin auch in Zukunft flexible Strompreise erwartet. "Das Thema Energie ist ein großes Thema in der Landwirtschaft. Daher gibt es von mir sehr viele Beratungen dazu. Aktuell zählen wir in der Steiermark 620 bäuerliche Heizwerke. Wir können darauf stolz sein, eine derart einzigartige Dichte von Biomasseheizkraftwerke zu haben. Es ist eine Möglichkeit für den Landwirt, das Einkommen zu erhöhen und Betriebskosten zu senken!", betont Engelmann.
Die Wirtschaftskraft der steirischen Landwirtschaft
Die heimische Landwirtschaft deckt den Tisch der Bevölkerung. Denn die steirische Land- und Forstwirtschaft produziert Güter- und Dienstleistungen im Wert von 2,78 Milliarden Euro, davon entfallen 1,88 Milliarden auf die Landwirtschaft und 828,3 Millionen auf die Forstwirtschaft. In Österreich sind es sogar 13,52 Milliarden Euro, wovon 10,54 Milliarden auf die Landwirtschaft und 2,98 Milliarden auf die Forstwirtschaft entfallen. Ebenso bemerkenswert ist außerdem, dass jeder landwirtschaftliche Betrieb im Durchschnitt 100 Personen ernährt und beispielsweise eine Kuh den Milchbedarf von 24 Menschen jährlich deckt.
Landwirtschaft ist Wirtschaftsmotor und sichert Arbeitsplätze
• Die 33.605 land- und forstwirtschaftlichen steirischen Betriebe investieren jährlich 413 Millionen Euro in Maschinen, Geräte und (Stall-)Bauten.
• Für die laufenden Kosten (Betriebsmittel, Saat- und Pflanzgut, Düngemittel, Energie, Tierarztkosten, Instandhaltungen von Maschinen, Geräten und baulichen Anlagen) geben die steirischen Bauern weitere rund 1,017 Milliarden Euro aus.
• Insgesamt sichert die steirische Land- und Forstwirtschaft rund 84.000 Arbeitsplätze. Jeder landwirtschaftliche Betrieb schafft zusätzlich weitere 1,5 Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich. Das sind rund 50.000 Arbeitsplätze. Inklusive der land- und forstwirtschaftlichen Betriebsführerinnen und Betriebsführer sind das dann rund 84.000 Arbeitsplätze.
• Rund 95.741 Arbeitskräfte (Vollzeit, mitarbeitende Hofübernehmer und Hofübergeber, weichende Kinder, Fremdarbeitskräfte) sind auf den steirischen Höfen tätig. (Österreich: 530.000 Arbeitsplätze).
Landwirtschaft gestaltet Kulturlandschaft
• Die Steiermark und Österreich sind weit über die Grenzen hinaus bekannt für ihre vielfältige Kulturlandschaft. Das Wechselspiel an Wiesen, Weiden, Wald und Hügelland machen den Charme unserer Landschaft aus.
• Ohne die bäuerliche Bewirtschaftung seit Generationen wäre dies nicht vorstellbar.
• Die steirischen Bauern bewirtschaften 87,5 Prozent (1,433 Millionen Hektar) der steirischen Gesamtfläche.
• 10.500 steirische Bergbauernhöfe bewirtschaften rund 30 Prozent der agrarischen Gesamtfläche. Das sind rund 159.600 Hektar oder 239.400 Fußballfelder.
Landwirtschaft schützt Ressourcen
Natur- und Umweltschutzleistungen der steirischen Bäuerinnen und Bauern sind beachtlich.
• So pflegen allein die steirischen Bäuerinnen und Bauern 23.000 Hektar Biodiversitäts- und Naturschutzflächen – das ist eine Größe von rund 33.000 Fußballfeldern.
• Auf 32.000 Hektar werden humusaufbauende und bodenschützende Zwischenfruchtbegrünungen angebaut – das ist eine Größe von rund 45.000 Fußballfeldern.
• 71 Prozent der steirischen Bäuerinnen und Bauern nehmen mit 90 Prozent der Fläche freiwillig am österreichischen Umweltprogramm Öpul teil.
• Etwa ein Drittel der steirischen Landesfläche ist als Schutzgebiet ausgewiesen, davon 43 Natura 2000-Gebiete, sieben Naturparke und ein Nationalpark.
• Die heimische Landwirtschaft fördert zudem 113 seltene landwirtschaftlichen Kulturpflanzen und 31 vom Aussterben gefährdeten Tierrassen durch das Umweltprogramm.
• Mit der Genbank für Mais, Bohnen und Kürbis der Saatzucht Gleisdorf wird der Bestand an alten Sorten gesichert.
Fotocredits: Heribert G. Kindermann, MA