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Leibnitz: Bürgerversammlung über Bebauungsplanentwurf


Die Präsentatoren des Bebauungsplanes: (v.l.) Raumplanerin Theresia Heigl-Tötsch, Bgm. Michael Schumacher, Architekt DI Stephan Piber und Abteilungsleiter Michael Paulitsch.


Auf Grund der geplanten Bebauungsplanerstellung „Quartiersentwicklung Grazergasse, Schillergasse, Geidorfgasse, Quergasse“ und zur Berücksichtigung der Interessen sowie möglichen Auswirkungen auf das Eigentum von Grundeigentümern und Investoren hat Bgm. Michael Schumacher kürzlich zu einer zweiten Bürgerversammlung in den Carl-Rotky-Saal des Kulturzentrum Leibnitz eingeladen.


„Ich freue mich, dass sie so zahlreich meiner Einladung gefolgt sind. Seit der letzten Bürgerversammlung haben wir ihre Wünsche und Anregungen bewerten lassen, auch vom neuen Ortsbildsachverständigen Architekt DI Stephan Piber, und wollen ihnen das Ergebnis präsentieren. Es handelt sich dabei um ein emotionales Thema, dass ihr Lebensumfeld betrifft“, so der Leibnitzer Bürgermeister.


Einführung in die heikle Materie


„Sie sind unsere Mithelfer, bevor hoheitliche Schritte getätigt werden. Wir wollen mit ihnen besprechen, wie wir die Reise gemeinsam beschreiten wollen. Wir haben die Umfrage vom April in Bilder gegossen. Der Bebauungsplan darf nicht dem widersprechen, was sich der Gemeinderat vorgenommen hat“, erläutert Abteilungsleiter Michael Paulitsch von der Bauverwaltung der Stadtgemeinde Leibnitz, der sich davon Rechtssicherheit für alle Eigentümer und solche verspricht, die Eigentum entwickeln wollen.


Konsequenzen der Planung


„Der Bebauungsplan regelt für alle die Spielregeln, wie und wo in Zukunft gebaut werden kann. Seitens des Gesetzgebers besteht der Auftrag, mit dem Boden sparsam umzugehen“, erklärt die Sachverständige für Raumplanung, Theresia Heigl-Tötsch, von der Grazer Heigl-Consulting ZT GmbH.

Nach dem Ergebnis der ersten Bürgerbefragung gehe es nun darum, so Heigl-Tötsch, Ideen auf eine gesetzliche Ebene zu bringen, und dabei die Sparsamkeit von Grund und Boden, Baukultur, Verkehrsfragen und Lebensqualität zu berücksichtigen.

„Der Entwurf versucht, viele Interessen positiv abzubilden und vorab zu zeigen, dass es noch einen gewissen Spielraum für Verbesserungen gibt, bevor die Planung eine hoheitliche Ebene erreicht“, so Heigl-Tötsch.

Die erste Bürgerversammlung vom 4. April 2024, wo zwei Denkrichtungen für die Bebauung präsentiert worden waren, sei im Ergebnis eindeutig, dass eigentlich keine der beiden Vorschläge als einzige Voraussetzung richtig gesehen werde. „Deshalb wird eine Mischform des Bebauungsplanes in Entsprechung der Wünsche der Grundeigentümer vorgeschlagen. Wichtig erachtet wird der Schutz der Innenhöfe. Daraus ergibt sich eine rote Baugrenzlinie, die für Neubauten nicht überschritten werden darf. In alte Rechte dürfen wir nicht eingreifen, die sind quasi eingefroren“, so die Raumplanerin in ihrer Expertise.


Gedanken zum Ortsbild


Der neue Ortsbildsachverständige für Leibnitz, Stephan Piber, erläuterte nach Abgabe seines Befundes die Details. „Man sieht eine schöne Bebauung und Häuser, die ein Ensemble bilden, das es zu schützen gilt. Das Ortsbild ist sehr lebendig!  Bei der neuen Baumasse muss man sich fragen, wie sich das einfügen kann in das, was schon da und gut ist? Wir finden unterschiedliche Gebäudehöhen, Firsthöhern und Taufenstände vor. Der Charakter der Orte soll nicht verschwinden, damit die Lebendigkeit in den Straßen erhalten bleibt! Es geht um eine Reaktion auf Fehlentwicklungen“, gab Piber zu bedenken. Gleichzeitig verwies er auf die Notwendigkeit, in der Stadt zu verdichten. Trotzdem erlaube der möglichst zu erhaltende historische Straßenzug (einer Gasse) nicht alles. Es müsse aber trotzdem, so Biber, die Möglichkeit bestehen, auch Neues zu schaffen. Dabei habe man Kompromisse einzugehen, müsse man das alte System verstehen und eine lebendige Dachlandschaft erhalten. „Bei den Proportionen und Längen ist Rücksicht zu nehmen auf das vordere und hintere Haus. Also maximal zweigeschossig bauen und keine voluminösen Dachkörper!“, definierte der Ortsbildsachverständige.


Grundlage sei, laut Biber, dass der das gesamte Haus betreffende Ortsbildschutz erhalten werden soll. Also Satteldach, kleinteilige Fassadengliederung, zwei bis drei Wohneinheiten sowie rückseitig ein grüner Innenhof. In der Grazer-Gasse sieht Biber Potenzial, die Geschosse zu erhöhen und nach hinten zu vertiefen.


Situation in der Schiller- und Geidorfgasse


„In der Schiller- und Geidorfgasse findet man eine kleinräumige, offene Bebauung mit Einzelhäusern. Jeder einzelne Baustein, jedes Haus, soll sichtbar belieben. Es muss Rechtssicherheit geben, dass es so bleibt! Aber in Richtung Innenhof soll es Zubaumöglichkeiten für Kinder, Enkel oder Pflegepersonal geben, einen Spielraum, ohne Nachbarn zu stören“, meint Heigl-Tötsch.

Aus Gerechtigkeitsgründen gelte, so die Raumplanerin, in der hinteren Reihe, dass über eine Zweigeschossigkeit hinaus nicht gebaut werden könne. Ziel sei eben ein Ortsbildschutz von unterschiedlichen Höhen.


Geschlossene Bebauung in der Grazergasse


Heigl-Tötsch schlägt in der Grazergasse, wo es eine geschlossene Bebauung gibt, Ausbuchtungen für Bänke und Sitze vor, die den Menschen Gelegenheit zu Zwischenstopps geben soll.

Das vom Gemeinderat beschlossene räumliche Leitbild sehe, laut der Raumplanerin, einen Schutz des Innenhofes vor weiterer Zersiedelung vor.

Das Gründerzeithaus bestimme, nach Meinung von Heigl-Tötsch, die maximale Firsthöhe. Es gelte das Prinzip „Verdichten, ohne die Fassade zu zerstören“. Der Grundbaustein der Grazergasse sei zu erhalten, aber die Rückseite biete für einen Ausbau noch Spielraum.


„Den Charakter wollen wir erhalten!“


Bgm. Schumacher betonte mit dem Bebauungsplan, den Charakter erhalten und eine (Entwicklungs-)Möglichkeit in den Gebäude-Grenzen im vorderen Bereich bieten zu wollen.

„Der Kern der Innenhöfe ist zu erhalten und es darf nicht über die rote Linie hinaus gebaut werden, damit der Innenhofcharakter bestehen bleibt. Aber es muss im Norden der Schillergasse, im Westen der Geidorfgasse und im Süden der Quergasse Möglichkeiten dazu geben, das Quartier weiter zu entwicklen. Das Schlimmste ist, die Stadt nicht zu entwickeln. Das können wir mit diesem Bebauungsplan, aber alles mit Maß und Ziel. Auch ein Dachausbau und ein Zubau ist möglich“, verspricht der Bürgermeister.

Laut Bgm. Schumacher soll es eine Entwicklung geben, aber „ohne, dass es andere erschlägt!“.

Man habe das Wort Kompromiss neu zu bedenken, „der im kleinen Rahmen nichts Schlechtes ist!“

Der Bürgermeister sieht im Kompromiss vielmehr „das Machbare von zumindest zwei Mengenbereichen“, „wo man sich trifft“ und zu fragen hat, „was können wir gemeinsam tun?“


Intensive Diskussion über Details


Die TeilnehmerInnen der zweiten Bürgerversammlung nutzen ausgiebig die Gelegenheit, Fragen mit den Expertinnen zu erörtern und ihre Anregungen einzubringen, um die persönlichen Interessen zu wahren. So ging es um Fragen über die Zufriedenheit mit dem Ergebnis und, was alles noch wünschenswert erachtet wäre.

Der Bürgermeister begegnete von Grundeigentümern geäußerten Sorgen vor (Groß-)Bauten von Investoren mit dem Hinweis auf die in Leibnitz geltende Stellplatz-Verordnung (2,5 Stellplätze pro Wohnung, Tiefgarage ab 10 Wohnungen), die Grünraum-Verordnung (Grünflächenfaktor, beschränkter Grad der Bodenversiegelung), die Bauträgern „engste Grenzen setzen!“

„Damit der Plan die Chance haben soll, alt zu werden, müssen Sie uns als Grundeigentümer informieren, damit wir im Vorfeld auch alles besprechen“, mahnt  Heigl-Tötsch, die darauf verweist, bei der Planung auf die Gleichbehandlung der Grundeigentümer und Orientierung an bestehenden Gebäuden geachtet zu haben. „Bestand ist Bestand! Nur wer etwas Neues bauen will, muss sich Regeln laut dem Bebauungsplan unterwerfen und dabei Kompromisse eingehen!“, mahnt die Raumplanerin.


Weiterer Fahrplan für den Bebauungsplan


„Ich gehe mit diesem Plan, mit dem ich versuche zwischen Investoren und anderen Eigentümern zu vermitteln und einen guten Kompromiss erzielen will, in den Gemeinderat", berichtet Bgm. Schumacher.

Die weitere Vorgehensweise sieht nun das Einarbeiten der Ergebnisse der zweiten Bürgerversammlung, die Information des Ausschusses und die Freigabe durch den Ausschuss, die Beschlussauflage (bis Herbst 2024 RSb Brief an jeden Grundeigentümer im Quartier), die Behandlung der Einwendungen/Anhörungen, den Endbeschluss, die Kundmachung und schließlich die Rechtskraft des Bebauungsplanes vor.

Fotocredit: Heribert G. Kindermann, MA

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