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Bebauungsplan für Leibnitzer Viertel mit Bürgerbeteiligung

Aktualisiert: 8. Apr.



Verschiedene Varianten für einen Bebauungsplan in Sachen "Quartiersentwicklung Grazergasse, Schillergasse, Geidorfgasse, Quergasse" standen am 4. April 2024 im Mittelpunkt einer Bürgerversammlung. Das Stimmungsbild unter den von den Bauplänen betroffenen Grundeigentümern war recht eindeutig! Die überwältigende Mehrheit wünscht sich, dass alles so bleibt wie es ist und das Viertel den bisherigen Einfamilienhaus-Charakter auch in Zukunft beibehalten soll. Eine wirkliche Lösung, die alle (berechtigten) Interessen unter einen Hut bringt, bleibt offen.


Die Wünsche der Bevölkerung



Aufgrund der geplanten Bebauungsplanerstellung  "Quartiersentwicklung Grazergasse, Schillergasse, Geidorfgasse, Quergasse" und zur Berücksichtigung der Interessen bzw. der möglichen Auswirkungen auf das Eigentum der Grundeigentümer haben Bgm. Michael Schumacher, die Fachabteilungsleiter Astrid Holler und Michael Paulitsch sowie Raumplanerin Theresia Heigl-Tötsch zu einer Bürgerversammlung in den Carl-Rotky-Saal des Kulturzentrums Leibnitz eingeladen. Das Interesse dafür war bei den 33 eingeladenen Grundeigentümern sehr, sehr groß. An der Befragung und Beurteilung der aktuellen Situation in der Grazer-, Schiller-, Geidorf- und Quergasse beteiligten sich an diesem Abend schließlich 28 Personen.


Die Ausgangssituation


Zunächst führten die Protagonisten des Abends in das komplexe Thematik ein.

"Wir stehen vor der Situation, dass einzelne Eigentümer in einem Quartier etwas entwicklen wollen und andere hier sind, von denen wir nicht wissen, was sie wollen! Daher ist die Idee entstanden, zum ersten Mal in einem Grätzel gemeinsam zu reden, zu informieren und zu besprechen. Wir wollen auf die Eigentümer aktiv zugehen und reinhören, was sie wollen. Das ist ein aktiver Bürgerbeteiligungsprozess, ohne, dass es danach gleich heute eine Entscheidung geben wird, aber alle sollen eingebunden werden. Ich bin als Bürgermeister Baubehörde erster Instanz, die an die Gesetze gebunden ist und als solche nicht Politiker! Allen die heute hier sind ist es nicht egal, was in dem Quartier passiert", freute sich Bgm. Michael Schumacher über die rege Teilnahme und gab das Wort an die Abteilungsleiter weiter.


Neue Kultur der Planung für Leibnitz


"Wir wollen eine neue Kultur der Planung für Leibnitz in den Fokus richten. Wie können wir die Stadt gut entwickeln? Wo sind Bereiche, die wir näher anschauen müssen. Wie können wir den Grünraum angesichts des Klimawandels schützen? Wie können wir vor dem Hintergrund der zunehmenden Versiegelung und größerer Bauvorhaben uns in einer dynamischen Stadt in Zukunft gut entwickeln? Das alles sind Herausforderungen für die, die lange in Leibnitz leben und die Ängste haben. Die Politik muss gute Entscheidungen im fachlichen Sinne treffen!", erläutert Astrid Holler.


Astrid Holler, Bgm. Michael Schumacher und Michael Paulitsch.

Die neue Kultur


"Die neue Kultur besteht darin, dass wir bei Entwicklungen in den Austausch gehen. Der Bürger ist in seinem Umfeld Experte, und wir haben einen Lebensraum, der uns allen am Herzen liegt. Aber es wird Entwicklungen geben. Dabei geht es vor allem darum, bei Bauvorhaben einen guten Bebauungsplan zu haben, um die bestmögliche Lösung zu finden. Wir stehen sehr ernsthaft mit Investoren, Bauträgern und Bürgern darüber im Austausch was passieren soll. Es ist wichtig, dass Grünräume erhalten bleiben und Innenhöfe zu schützen!", bekannte sich Holler zu einer hochwertigen Entwicklung des Quartiers.


"Zentral gelegenes Baugebiet!"


GF Theresia Heigl-Tötsch vom Projektpartner Heigl Consulting ZT GmbH bezeichnete das Quartier als "zentral gelegenes Baugebiet". "Es liegt in der Hand der Bewohner, dass sich die Stadt ständig verändert. Ein Einfrieren ist gegen die Interessen der Bewohner! Ein Vergleich der Entwicklung der letzten 10 Jahre zeigt, dass das Quartier extrem gut mit verschiedenen Funktionen ausgestattet ist. Alles ist fußläufig zu erreichen. Hier findet man alles, was sich der Städtebau für ein Quartier wünscht, aber auch ein Viertel, dass für den öffentlichen Verkehr immer interessanter wird", so der Befund von Heigl-Tötsch.


"Über größere Gebiete wird ein Bebauungsplan verordnet!"



"Nach Aufhebung der Bausperre wurden im für alle geltenden örtlichen Entwicklungsplan Ziele für die Zukunft festgelegt und verschiedene Teilbereiche mit einer Typologie versehen. Es gibt Bereiche mit lockerer Bebauung und solche mit engerer Bebauung. Über größere Gebiete wird ein Bebauungsplan verordnet, der den örtlichen Entwicklungsplan verfeinert. Am Schluss bringt er positive und negative Konsequenzen für den einzelnen", ergänzt Michael Paulitsch die rechtliche Seite.

Man habe sich, so Raumplanerin Heigl-Tötsch, Gedanken gemacht, wie ein Bebauungsplan für besagtes Quartier aussehen könne. Herausgekommen wären eine strikte und eine lockere Variante eines Bebauungsplanes, wobei auch Mischformen denkbar wären.




"Wir wollen einen Innenhof-Charakter erhalten. Allerdings ist die Kunst, es jeden Recht zu machen, nicht möglich! Das Regelwerk bringt Klarheit, damit jeder weiß, in welche Richtung man gehen möchte!," betont der Bürgermeister aber auch.




Keine Überraschung bei Auswertung der Umfrage


Im Mittelpunkt des Abends standen jedoch neun Fragen an die Anwesenden, mit denen man mittels (anonymen) Fragebogen das Stimmungsbild der Grundeigentümer abfragte. Im Ergebnis gab es, keine wirkliche Überraschung bei der Auswertung der mittels Smartphone und ausgedruckten Fragebögen durchgeführten Umfrage.


Wie wichtig ist Ihnen der Schutz der Innenhöfe?

71 % sehr wichtig, 14 % wichtig, 14 % weniger wichtig

Welche Geschosszahlen halten Sie in Grazer-, Schiller-, Geidorf- und Quergasse verträglich?

Grazergasse: 86 % 3 Geschosse, 7 % 4 Geschosse, 7 % 5 Geschosse

Schillergasse: 89 % 2 Geschosse, 7 % 3 Geschosse, 4 % 4 Geschosse

Geidorfgasse:  93 % 2 Geschosse, 4 % 3 Geschosse, 4 % 4 Geschosse

Quergasse:  75 % 2 Geschosse, 14 % 3 Geschosse, 11 % 4 Geschosse


Wie wichtig ist Ihnen der Gleichheitsgrundsatz?

68 % sehr wichtig, 25 % wichtig, 7 % weniger wichtig


In welcher Form soll die Stadt Bebauungsvorgaben geben?

64 % sehr einschränkend, 29 % einschränkend, 7 % sehr offen

Haben Sie Veräußerungsabsichten?

21 % Ja, 75 % Nein, 4 % Weitergabe an Angehörige


Wie wichtig ist Ihnen das Straßen- und Ortsbild?

68 % sehr wichtig, 25% wichtig, 4 % weniger wichtig, 4 % gar nicht wichtig


Was fehlt Ihnen im Quartier? Parkplätze, Ruhe, Infrastruktur, Schutz der Grünräume, Ärzte, Lebensmittelnahversorger, Ruhebereiche, Seniorenheime, Bekenntnis zu einem an Bestand angepasstes Bauen.


Haben Sie Anregungen?

Mischbebauung verhindern, keine Hochhäuser zwischen Einfamilienhäusern, Schutz der bestehenden Bebauung und des Ortsbildes, Trennung Wohngebiet und andere Nutzung wie Handel und Gewerbe, Bänke, Möglichkeit zum Strassenplausch.


Wie es weiter gehen kann


Bebauungsplanvarianten stellten (v.l.) Michael Paulitsch, Theresia Heigl-Tötsch, Bgm. Michael Schumacher und Astrid Holler bei einer Bürgerversammlung vor.


Bgm. Schumacher betonte auch das Spannungsfeld, in dem sich die Politik bewege: "Es geht um eine Entwicklung der Stadt und um die Chancen für die Jungen in der Zukunft. Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, dann entwickeln wir uns nicht! Da besteht eine Diskrepanz zwischen Menschen, die hierherkommen wollen, und denen man prinzipiell innerhalb der Gesetze nicht verbieten kann, sie bauen zu lassen. Und andererseits den Interessen der hier bereits länger Lebenden, die eigentlich nichts ändern wollen! Im Leitbild haben wir festgelegt, dass wir eine Entwicklung mit Augenmerk wollen. Das heißt Nachverdichtung, wo bereits verdichtet ist. Ich kann mir daher überall ein Stockwerk mehr auf bestehenden Gebäuden vorstellen und trotzdem bliebe der Charakter erhalten. Gar nichts zuzulassen wird sich auch nicht spielen!", gab Bgm. Schumacher zu bedenken.

"Gordischer Knoten"


Damit zeigte sich auch diesmal einmal mehr der wohl bislang nicht zu lösende "gordische Knoten" zwischen den berechtigten Interessen der angestammten Bevölkerung nach Schutz des Einfamilien- und Innenhof-Charakters des Quartiers und auf der anderen Seite dem diametral entgegenstehenden Interesse von Investoren, ihre erworbenen Grundstücke eben möglichst gewinnbringend zu verwerten. Die Stadtgemeinde Leibnitz wird wohl an der Schiedsrichterrolle und als Vermittler zwischen den Interessentengruppen gemessen werden.


Alle Fotos: heribert G. Kindermann, MA


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