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Praxisleitfaden im Umgang mit der regionalen NS-Vergangenheit vorgestellt

  • la6098
  • vor 3 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit


Die Einführung und den brandaktuellen Praxisleitfaden stellten im Retzhof(v.l.n.r): Meinhard Friedl, Mag. Philipp Lesiak, Univ.-Prof. Dr. Barbara Stelzl-Marx, NRAbg. Bgm. Joachim Schnabel und Dr. Markus Rieger-Roschitz vor.
Die Einführung und den brandaktuellen Praxisleitfaden stellten im Retzhof(v.l.n.r): Meinhard Friedl, Mag. Philipp Lesiak, Univ.-Prof. Dr. Barbara Stelzl-Marx, NRAbg. Bgm. Joachim Schnabel und Dr. Markus Rieger-Roschitz vor.

Selbst Generationen nach dem bisher schlimmsten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit sind die Folgen des Zweiten Weltkrieges und des totalitären NS-Regimes bis heute in der Südweststeiermark spürbar. Das Pilotprojekt “Die Südweststeiermark im NS-Regime" beleuchtet dieses dunkle Kapitel der Geschichte der Südweststeiermark. Zum Abschluss ist ein Praxisleitfaden für Pädagoge:innen entstanden, der Lehrer:innen und Schüler:innen den Zugang und den Umgang mit dem herausfordernden Thema erleichtern sollen.


Beitrag zur offenen Erinnerungskultur

Da zahlreiche Aspekte in der österreichischen Gesellschaft unaufgearbeitet geblieben sind oder bis heute tabuisiert werden, setzt das Projekt “Die Südweststeiermark im NS-Regime" seit mehreren Jahren wichtige Schritte zur regionalen Aufarbeitung der Vergangenheit. Auf lokaler Ebene ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte oft eine Herausforderung. Aufbauend auf den Ergebnissen des Pilotprojektes “Die Südweststeiermark im NS-Regime. Geschichte.Erinnerung.Gedenken“ von Barbara Stelzl-Marx, Markus Roschitz und Philipp Lesiak vom Ludwig Bolzmann Institut für Kriegsfolgenforschung ist nun eine Einführung und ein Praxisleitfaden herausgegeben worden, der Pädagog:innen ein Instrument in die Hand gibt, das methodische Zugänge bietet, um Themen der NS-Zeit mit regionalem Bezug im Unterricht mit Jugendlichen zu behandeln.


Regionsvorsitzender-Stellvertreter, NRAbg. Bgm. Joachim Schnabel und Univ.-Prof. Dr. Barbara Stelzl-Marx, Leiterin des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung und Professorin für Zeitgeschichte an der Universität Graz, stellen die Publikation am 9. Dezember 2025 im Bildungshaus Schloss Retzhof der Presse vor.


„Wir sind auch dafür verantwortlich, was man nicht tut!“

„Wir müssen diskutieren, was in der Vergangenheit wichtig war. Bei der Aufarbeitung gilt es, sich zu fragen, wie man die Geschichte an die Jungen weitergeben kann? Denn es ist wichtig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Wir sind nicht nur dafür verantwortlich, was wir tun, sondern auch dafür, was man nicht tut!“, verwies NRAbg. Bgm. Joachim Schnabel auf den Grund für den Beschluss, die totalitäre Vergangenheit von Historiker:innen untersuchen zu lassen.


Es wären damals, so der südsteirische Nationalrat, „viele schreckliche Ereignisse passiert!“. Deshalb müsse gefragt werden, wie es sein konnte, dass Deutsche und Österreicher so etwas toleriert haben? Im Kontext mit der aktuellen Zeit gelte es, so NRAbg. Schnabel, wachsam zu sein, wo gerade Worte wieder sehr scharf würden! „Populismus und Hetze sind keine Lösung! Vielmehr spalten sie, wo man Zusammenhalt braucht. Diese Saat ist leider aufgegangen!“, so Schnabel weiter. Demokratie müsse man, so der Nationalrat, lehren und lernen, wofür es gegenseitiges Respektieren und einen ehrlichen Austausch brauche. "In Zusammenhang mit diesem sensiblen Thema muss man sich erinnern und die Toten ehren, damit es nie mehr zu solchen schrecklichen Zeiten kommt!“, betonte der Regionsvorsitzende-Stellvertreter.


Auch Retzhof-Geschäftsführer Meinhard Friedl unterstrich die extreme Wichtigkeit, „darüber zu reden und zu kommunizieren!“. Schließlich sei der Retzhof ein Ort der Bildung. Daher bedanke er sich für die Initiative, die Geschichte aufzuarbeiten. Friedl versprach die künftige Anbringung einer Gedenktafel, die daran erinnere, dass der Retzhof eine Ausbildungsstätte für die Hitlerjugend gewesen ist.


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Faltkarte mit regionalen Erinnerungsorten

In der vom Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung gemeinsam mit dem Institut für Geschichte der Universität Graz durchgeführten Studie wurden Orte in der Südweststeiermark erforscht, die während der NS-Zeit besondere Bedeutung hatten bzw. durch die Erinnerungs- und Gedenkkultur mit dieser Zeit in Verbindung stehen. „Denn der Krieg fand nicht nur anderswo statt, er hinterließ auch vor unseren Haustüren seine Spuren. Als erstes Ergebnis dieser Forschungsarbeit entstand eine Faltkarte mit einigen regionalen Erinnerungsorten. Eine digitale Version ist auf der Website der ArchaeoRegion Südweststeiermark unter https://archaeoregion.at/fundstaetten/ abrufbar!“, erläuterte Markus Roschitz.


Neuer Praxisleitfaden für Pädagog:innen

Auf die bisherigen Forschungen aufbauend, ist nun zuletzt die Publikation “Die Südweststeiermark im NS-Regime. Geschichte. Orte. Erinnerung. Einführung und Praxisleitfaden“ erschienen. „Sie richtet sich an Pädagog:innen und bietet methodische Zugänge, um die Themen der NS-Zeit mit regionalem Bezug im Unterricht zu behandeln. Der Reader versteht sich als Ideengeber und Unterstützung für den Unterricht, in dem zentrale Phänomene der NS-Zeit anhand lokaler Beispiele und konkreter Erinnerungsorte vermittelt werden!“, so Philipp Lesiak.


“Moderne Zeitgeschichtsforschung muss für die gegenwärtige Gesellschaft von Relevanz sein. Ein zielführender Weg, um Jugendliche für die Bedeutung historischer Ereignisse und der Erinnerung an diese zu sensibilisieren, ist die Vermittlung der NS-Geschichte anhand `kontaminierter Orte in ihrer eigenen Umgebung. Das Bewusstsein, dass sich die große Geschichte totalitärer Regime, wie sie in den Lehrbüchern vermittelt wird, auch vor Ort ereignete und entscheidend auf die Lebensrealitäten der Menschen auswirkte, kann zu einem besseren Demokratieverständnis in der Gegenwart beitragen“, weiß Univ.-Prof. Dr. Stelzl-Marx.



Fotocredits: Heribert G. Kindermann, MA



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